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Anita Idel: Die Kuh ist kein Klima-Killer

Die Kuh ist kein Klima-Killer – zu den unterschätzten Potenzialen der Beweidung für Klima, Böden und die Welternährung

von Dr. med vet Anita Idel – Mediation und Projektmanagement Agrobiodiversität und Tiergesundheit

Globale Landschaftsgärtner
Durch Jahrtausende lange Beweidung entstanden die fruchtbarsten Ebenen der Welt: Prärien insbesondere im Mittleren Westen Nordamerikas, Pampas in Argentinien und Uruguay, Schwarzerdeböden in der Ukraine, Ungarn (Puszta), Rumänien (Bărăgan) und in den deutschen Tieflandsbuchten haben eine prägende Gemeinsamkeit: Sie sind Steppenböden. So erklärt sich der negativ konnotierte Begriff Versteppung als Folge nicht nachhaltiger Nutzung dieser extrem fruchtbaren Böden: Er ist Ausdruck von Bodendegradation durch Erosion – nicht nur durch nicht nachhaltige Ackernutzung, sondern zunehmend auch durch schlechtes Grünland- und Beweidungsmanagement.

Nach dem Ende der letzten Eiszeit prägten wandernde Weidetiere Lebensräume – unsere Landschaften. Als sich das Eis zurückzog und energetisierende Sonnenstrahlen wieder den Boden erreichen konnten, keimten Gras- und Baumsamen. (Photosynthese: die natürliche Erzeugung von energiereichen Stoffen aus energieärmeren Stoffen mithilfe von Lichtenergie). Dort wo Weidetiere lebten, hielten sie die Bereiche offen, wie wir es heute nennen. Die Voraussetzungen für Baumwachstum entwickelten sich nur langsam, denn dafür musste es wärmer und feuchter werden. Nach und nach entwickelten sich Parklandschaften – ein Mosaik aus Weiden, Wäldchen, Solitärbäumen und sehr vielen Übergangsstrukturen an den äußeren und inneren Waldrändern. Dass Mitteleuropa später – auch auf Steppenböden – überwiegend von Wald bedeckt war, ist somit eine Sekundärentwicklung: Folge der Verdrängung (aber nicht notwendiger Weise Ausrottung) der Weidetiere.

Grasland ist weltweit immer noch das größte Biom, die größte Lebensgemeinschaft: Keine Pflanzengesellschaft ist so verbreitet wie Grasland, denn die Regionen, in denen Gräser überleben können, überragen den Lebensraum der Bäume: von extrem trocken bis extrem nass, von extrem heiß bis extrem kalt – wie z.B. oberhalb der Baumgrenze – und auch den Wechsel zwischen diesen Extremen halten die Grasgesellschaften aus.

Es gibt nicht nur viele Gräser, es gibt auch sehr unterschiedliches Grasland. Eine Binse? Wohl nicht, angesichts der Tatsache, dass Grasland auf Veranstaltungen anlässlich des für das Jahr 2015 proklamierten UN-Jahres der Böden meistens nicht einmal erwähnt wird – geschweige denn, dass sich Veranstaltungen der Vielfalt der „Grasländer“ widmen würden.

Es war eine über Jahrhunderte geübte selbstverständliche Praxis, Grasland neben Beweidung und Mahd zur Verbesserung von Ackerland zu nutzen. Die Meliorierung der Ackerböden war somit immer verbunden mit einer Beschränkung der Potenziale (bis hin zur Degradierung) des Graslandes.

Dass die Wissenschaft die Potenziale von Dauergrasland zu wenig wahrnimmt – und in der Folge kaum beforscht… und in der Folge zu wenig wahrnimmt…, hat eine lange Tradition: Erst vor circa 100 Jahren interessierten sich Akademiker erstmals über den Ackerbau hinaus auch für Grasland. Aber was genau taten sie? Als erstes ließen sie Dauerweiden umbrechen, dann die entstandenen Äcker mit einer Grasmischung einsähen und anschließend wunderten sich die Experten über die im Vergleich zu vorangehenden Vegetationsperioden geringe Produktivität des Grünlandes… Das erregte aber mitnichten ihr Interesse, die Gründe verstehen zu wollen. So folgten der Verwunderung mit wenigen Ausnahmen keine Forschungsprojekte, um die einzigartigen Dynamiken des Wachstums von Dauerweiden zu untersuchen.

(Verborgene) Potentiale der Beweidung: der Humus von morgen
Der potenzielle Beitrag der Weidetiere zur Bodenfruchtbarkeit geht weit darüber hinaus, dass sie Kot und Urin produzieren. Denn mit diesen Hinterlassenschaften kann ein weidendes Tier dem Boden ja immer nur weniger (Biomasse) zurückgegeben, als es zuvor gefressen hat.
Das Geheimnis, das Böden zum Wachsen bringt, liegt darin, dass Beweidung einen Wachstumsimpuls auslöst. In der Folge startet mit der Energie der Sonne die Photosynthese. Der dadurch bewirkte Zuwachs an Biomasse – nicht nur das oberirdische Grün, sondern auch die Wurzeln im Boden – stammt wesentlich aus dem CO2 der Luft. Aus den verrottenden Pflanzenbestandteilen der Wurzeln von heute entsteht durch die Arbeit von Regenwürmern und anderen (Mikro-)Organismen der Humus von morgen.

Da Humus zu über 50 Prozent aus Kohlenstoff (C) besteht, entlastet jede zusätzliche Tonne Humus im Boden die Atmosphäre um circa 1,8 Tonnen CO2 (0,55 to CO2 + 1,25 to O2). Entsprechend führt umgekehrt eine nicht nachhaltige Bewirtschaftung des Bodens zwangsläufig zu einer Belastung der Atmosphäre.

Ob Beweidung im Einzelfall tatsächlich die Bodenfruchtbarkeit fördert, hängt somit hauptsächlich von zwei Einflüssen ab: Erstens von der Menge der gebildeten unterirdischen Biomasse – den Wurzeln – und zweitens davon, ob bzw. in welchem Ausmaß diese auch tatsächlich zur Bildung von Humus zur Verfügung stehen. Denn schlechtes Grünland- bzw. Beweidungsmanagement führt zum Verlust von bereits gebildeter Wurzelmasse, die dann nicht mehr für die Humusbildung verfügbar ist.

Der Großteil der weltweiten landwirtschaftlichen Nutzfläche (LN) ist Grasland. Über Jahrzehnte konnte Grasland teilweise den Verlust von Lebensraum und die Gefahren durch Pestizide, der durch die zunehmende Ackernutzung und deren Intensität für bestäubende Insekten entsteht, kompensieren. Aber inzwischen ist Grasland nicht nur durch die Umbruchgefahr bedroht, sondern auch durch die mit dem Dünger zunehmende Nutzungsintensität: Die biologische Vielfalt von Wiesen und Weiden schrumpft dramatisch.

Während 70 Prozent der in der EU verfütterten Proteine aus Importen stammen, nimmt die Weidehaltung von Rindern und auch Schafen immer weiter ab. Die Jahrzehnte lange Benachteiligung des Graslandes bei den Subventionen könnte nur ausgeglichen werden, wenn ihr nun eine eindeutige Bevorzugung durch die Agrarpolitik folgen würde: Prämien für nachhaltige Weidenutzung. Entsprechend müsste die Agrarforschung auf den riesigen Nachholbedarf hinsichtlich nachhaltiger Grünlandnutzung ausgerichtet werden.

 

»Die Kuh ist kein Klimakiller! Wie die Agrarindustrie der Erde verwüstet und was wir dagegen tun können«  ist als Buch erschienen im Metropolis Verlag (6. Auflage Mai 2016).

Dr. Anita Idel ist Lead-Autorin im Weltagrarrat (International Assessment of Agricultural Science and Technology for Development IAASTD). Die ausgebildete Tierärztin ist zudem unter anderem als Wirtschaftsmediatorin in den Spannungsfeldern Ökonomie und Tierschutz, Landwirtschaft und Naturschutz sowie in der Wertschöpfungskette für tierische Produkte tätig. Gleichzeitig arbeitet sie als Projektmanagerin und Beraterin im Bereich nachhaltige Landwirtschaft, Ökologisierung der Tierzucht, Agrobiodiversität und Tierseuchenmanagement.

Wir verlieren täglich 75 ha landwirtschaftliche Flächen für Baumassnahmen!

Verbraucher fragen nach regionalen Bioprodukten – Bio boomt- und gleichzeitig verlieren wir täglich große Flächen, die auch dem Öko-Landbau nicht mehr zur Verfügung stehen.

Seit einigen Jahren steigen die Bodenpreise in immer höhere Regionen. Nicht nur in der Rhein-Main-Region. Die Gründe hierfür sind vielfältig, vom Bau für Infrastrukturmassnahmen, und immer wieder neuen Wohngebieten, bis hin zu Flächen die direkt für den Betrieb von Biogasanlagen oder für Biosprit genutzt werden.

Aber ein Gut das knapp wird, steigt im Preis und genau das passiert mit dem Boden weltweit.

Wir möchten dem entgegenwirken. Die Bürger AG  ist angetreten, um die regionale Bio Landwirtschaft zu unterstützen und den Verbrauchern Missstände aufzuzeigen. Mittlerweile sind wir an sechs Projekten landwirtschaftlicher Erzeuger beteiligt, oder stehen kurz davor. Nun müßen wir anfangen, neue Gelder zu akquirieren, d.h. erneut ein Prospekt auflegen und von der BaFin genehmigen lassen. Ein Schwerpunkt sollte der Kauf von Land sein. Hierzu haben wir innerhalb der Bürger AG jetzt einen Arbeitskreis ins Leben gerufen, der sich intensiv mit den Möglichkeiten von Landkäufen beschäftigt. Wer uns hierbei helfen möchte, ist herzlich willkommen.

Die fruchtbaren Böden schwinden

Gastbeitrag von Terra Verde Biomärkte Bad Homburg

Bodenprobleme gibt es überall auf der Welt. Rund um den Äquator breiten sich Wüsten aus, der Regenwald wird abgeholzt und für die Sojaproduktion – auch zur Fütterung deutscher und europäischer Tiere – verwendet. Und in Deutschland versiegeln wir durch Beton und Asphalt täglich 75 Hektar Boden – eine Fläche von mehr als 10 Fußballfeldern.

Überall dort, wo Boden verschwindet, können keine Lebensmittel mehr angebaut werden. Klaus Töpfer, früher Umweltminister und heute Chef des Institutes für Nachhaltigkeitsforschung (IASS) beziffert den weltweiten Bodenverlust auf jährlich 20 Milliarden Tonnen. In Deutschland ist der Bodenverbrauch zwar leicht gesunken, aber er liegt mit seinen 75 Hektar pro Tag immer noch doppelt so hoch, wie in den Plänen der Bundesregierung vorgesehen. Deutschland hat vor allem Probleme mit der Erosion, mit alten Deponien, die die Böden kontaminieren, mit dem Braunkohletagebau und mit der starken Belastung durch Nitrat, sagt Frank Glante vom Umweltbundesamt. Ursache dafür sind die viel zu hohen Tierbestände und die dadurch anfallende Gülle, die auf die Felder kommt.

Intensive Landwirtschaft zerstört Bodenleben

Bis in unseren Breiten durch natürliche Prozesse aus Gestein zehn Zentimeter neuer Boden entsteht, vergehen 2000 Jahre. Bakterien, Algen und Pilze sorgen für eine Belebung des Bodens. Die herkömmliche Landwirtschaft entzieht trotz künstlicher Düngung dem Boden zunehmend Nährstoffe. Bei intensiver Landwirtschaft konkurrieren so Bodenorganismen und Pflanzen um die wenigen noch vorhandenen Nährstoffe im Boden. Michael Schloter vom Helmholtz-Zentrum München stellt dabei fest, dass die Bodenorganismen dabei meist erfolgreicher sind. Sie können sich aufgrund ihrer hohen Anpassungsfähigkeit schneller an veränderte Bedingungen anpassen. Die eingesäten Pflanzen leiden daher unter Nährstoffmangel.

Eine Forschergruppe der Universität Witwatersrand (Johannisburg) aus Südafrika stellte kürzlich im Fachmagazin „Sciene“ fest: „Wenn man Böden über einen zu langen Zeitraum intensiv bepflanzt, werden die Bakterien zerstört, die die organische Masse im Boden in Nährstoffe umwandeln“. Trotz immer mehr Technik, Dünger- und Wassereinsatz, schafft es die moderne Landwirtschaft nicht, funktionierende Kreisläufe zu erhalten. Damit schafft sie sich die Bodenprobleme zunehmend selbst.

Allein durch Versiegelung verloren 19 EU-Mitgliedsstaaten zwischen 1990 und 2006 eine Fläche, die mehr als sechs Millionen Tonnen Weizen hätte liefern können. Seit einigen Jahren verschärft sich die Konkurrenz um den Boden weiter. Nachwachsende Rohstoffe in der Energiegewinnung setzen die Landwirtschaft preislich unter Druck. „Es entsteht eine Konkurrenz zwischen Tank und Teller“, so Frank Glante vom Umweltbundesamt. Zur Verdeutlichung: Für eine Bio-Sprit-Tankfüllung eines Mittelklassewagens sei eine so große Menge an Mais nötig, von der ein Kind in Mexiko fast ein Jahr lang leben könne.

 

Unsere Meinung: Eine Vielzahl von falschen politischen Weichenstellungen, sei es die Förderung der industriellen Landwirtschaft, die sich verstärkende Macht der Agrokonzerne, oder die Massentierhaltung mit Futter aus Übersee, die Vermarktung von Überschussfleisch aus der EU nach Asien und Afrika, oder die irrsinnige Förderung von nachwachsenden Rohstoffen zur Energiegewinnung, all diese Weichenstellungen sorgen dafür, dass Boden verschwindet, dass die landwirtschaftliche Fläche weltweit reduziert wird, und der wachsenden Weltbevölkerung immer weniger Fläche zum Anbau von Lebensmitteln bereit steht. Dringend erforderlich wäre ein internationales, ökologisches Bodenschutzprogramm, denn einmal verloren gegangener Boden ist erst nach mehreren tausend Jahren wieder landwirtschaftlich verfügbar. Sie können selbst aktiv werden, in dem Sie weniger Fleisch essen, sich mehr aus ökologischem Anbau ernähren und damit den Erhalt von wertvollem Boden unterstützen. Einen weiteren positiven Beitrag leisten Sie, wenn Sie natürlich bevorzugt Waren aus unserer Region kaufen.

Kann ich die Bürger AG Aktien auch verschenken?

Sicher, nur sollte der Beschenkte nicht kurzfristig über diese Aktien verfügen wollen. Wenn sie Aktien für einen Dritten erwerben, benötigen wir den Namen des Begünstigten. Bei höheren Summen beachten Sie bitte die gesetzlich vorgeschriebene Schenkungssteuer.

Plant die Bürger AG irgendwann einen Börsengang?

Nein, dies ist nicht geplant und würde auch unserem nachhaltigen Ansatz widersprechen.

Wie werde ich über wichtige Vorgänge im Zusammenhang mit der AG informiert?

Grundsätzlich sind wir eine öffentliche Aktiengesellschaft und daher gilt für uns das Aktienrecht. Das heißt, wir werden jedes Jahr eine gesetzlich vorgeschriebene Hauptversammlung abhalten, zu der Sie eingeladen werden. Darüber hinaus verstehen wir uns als ein sehr transparent aufgestelltes Unternehmen und werden Sie über Newsletter und Aktionärsbriefe informieren. Alle wichtigen Infos sind auch auf der Webseite abrufbar.

Kann ich die Betriebe, an denen sich die Bürger AG beteiligen würde, besuchen?

Das ist grundsätzlich immer möglich. Allerdings erwerben Sie Aktien an der Bürger AG und nicht an einem bestimmten Unternehmen. Sie sind damit anteilig bei allen Beteiligungen, welche die Bürger AG eingeht, dabei.

Ab wann bin ich gewinnberechtigt?

Sie sind ab dem Zeitpunkt des Kaufs gewinnberechtigt. Voraussetzung ist natürlich, dass die Bürger AG Gewinne macht und diese ausschüttet. Dies haben wir vor, wird in den ersten Jahren des Aufbaus aber sicher noch nicht möglich sein. Hierzu müssen wir zunächst ein etwas größeres Projektportfolio aufbauen, was bereits geplant ist. Aber grundsätzlich haben Sie bereits mit dem Kauf der Aktien gewonnen, nämlich ein Stück höherer Lebensqualität in der Region für sich und Ihre Mitmenschen.

Was ist, wenn ich das Geld wieder haben will?

Sie investieren in die Bürger AG und stellen uns so Kapital für langfristige Projekte zur Verfügung. Diese Gelder sollten Sie unbedingt langfristig anlegen können. Kommt es zu einem Notfall und Sie brauchen das Geld zurück, müssten wir gemeinsam einen Aktionär finden, der Ihre Anteile übernimmt. Wir lassen sie hierbei aber nicht allein, sondern helfen bei der Suche.